M. Bossert: Die Skulpturen des gallorömischen Tempelbezirkes

Titel
Die Skulpturen des gallorömischen Tempelbezirkes von Thun- Allmendingen.


Autor(en)
Bossert, Martin
Reihe
Schriftenreihe der Erziehungsdirektion des Kantons Bern
Erschienen
Bern 2000: Haupt Verlag
Anzahl Seiten
126 S.
Preis
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Isabella Nett

Das zwischen Flachland und Alpen in unmittelbarer Nähe zu wichtigen Handelswegen gelegene Heiligtum von Thun-Allmendingen umfasste sieben Tempel und Kapellen, mehrere Altäre und andere Einrichtungen. Die sorgfältige Publikation der Skulpturen aus dem seit 175 Jahren bekannten gallorömischen Tempelbezirk bietet einen interessanten Einblick in den kultischen Bereich. Martin Bossert hat für diesen Band 68 figürliche Skulpturen, Möbel und Geräte aus Stein des 1. bis 3. Jahrhunderts nach Christus bearbeitet.

Das erste Kapitel umfasst eine knappe, aber informative und mit Plänen und Abbildungen gut verständlich gehaltene Einleitung zum Heiligtum. Das zweite und zentrale Kapitel enthält einen ausführlichen Katalog der Skulpturen, Möbel und Geräte. Diese Funde stammen grösstenteils aus der Grabung von 1967. Die zum Teil verschollenen Skulpturreste aus den ersten Grabungen von 1824/25 sind glücklicherweise in qualitativ hoch stehenden Aquarellen erhalten. Im dritten Kapitel werden die Werkstätten, die kulturgeschichtliche Stellung der aussagekräftigen Skulpturen sowie deren mögliche Aufstellung und Stifter besprochen. Das vierte Kapitel besteht aus einer Zusammenfassung in deutscher, französischer und englischer Sprache.

Die Gliederung des Kataloges in Rundplastik, Reliefs, Möbel, Architekturfragmente, Becken und unbestimmte Fragmente sowie die Gesamtübersicht (Kapitel 5) erleichtern das Arbeiten mit dieser Publikation. Nebst den technischen Angaben und genauen Massen werden Motiv, Deutungsversuche, Vorbilder, Stil und Datierung besprochen. Aus der Synthese geht hervor, dass das Heiligtum von Thun-Allmendingen, auch wenn es nicht die Bedeutung städtischer Heiligtümer erreichte, durch seine günstige Lage an den Wasserwegen Aare und Thunersee am Übergang zum alpinen Raum zu den bedeutenden römischen Kultstätten auf dem Gebiet der heutigen Schweiz gehörte.

Die Statuen und Votivinschriften vermitteln Einblicke in eine vielfältige Götterwelt, in der Muttergottheiten, die Jagd- und Waldgöttin Diana, der einheimische Berggott als Jupiter sowie eine orientalische Gottheit – fassbar in den drei Attisdenkmälern, dem kleinasiatischen Vegetationsgott und Geliebten der Muttergottheit Kybele – neben den römischen Göttern ihren Platz hatten und teilweise miteinander verschmolzen. Ein thronender Jupiter, eine 600 Kilogramm schwere, einst bemalte Kalksteinstatue, verdient besondere Beachtung. Es bleiben jedoch noch viele Fragen offen. Insbesondere über den Kreis der Stifter lassen sich nur Vermutungen anstellen.

Das Ende des Heiligtums verdient einen besonderen Kommentar: Die Skulpturen wurden wie in anderen Tempelbezirken zerschlagen und zusammen mit Bauschutt in einer tiefen Grube innerhalb der Kapelle 2 vergraben. Dieser Akt war sozusagen ein antiker Bildersturm. Der genaue Zeitpunkt der Zerstörung lässt sich nicht feststellen, da weder Münzen noch Keramik, die eine Datierung ermöglicht hätten, gefunden wurden. Sie dürfte nach dem Ende des 4. Jahrhunderts stattgefunden haben, nachdem Kaiser Theodosius das Christentum zur Staatsreligion erklärt und Stiftungen sowie Opfergaben an heidnische Tempel verboten hatte. Genaueres zu den Umständen der Zerstörungen wird sich allerdings erst durch eingehende Vergleiche mit Befunden anderer Heiligtümer sagen lassen.

Zitierweise:
Isabella Nett: Rezension zu: Bossert, Martin: Die Skulpturen des gallorömischen Tempelbezirkes von Thun-
Allmendingen, Bern, Haupt, 2000 (Corpus signorum Imperii Romani. Schweiz. Germania superior. Civitas Helvetiorum: Thun-Allmendingen; Bd. 1,6) (Schriftenreihe der Erziehungsdirektion des Kantons Bern), 126 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 65, Nr. 4, Bern 2005, S. 214f.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 65, Nr. 4, Bern 2005, S. 214f.

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